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Empty at the end. Electric Soft Parade in Wien
19.04.2008
Selten hat ein Songtitel so zugetroffen wie heute. Wir haben’s mit The Electric Soft Parade zweimal probiert. Und es wurde nicht besser. Es begab sich anno 2002. Irgendwann im Frühsommer. Das Lebensabschnitts-Mädchen hatte sich nach sieben Jahren grad dazu entschieden, ihren Teil des Abschnitts neuen Horizonten zuzuführen und der Autor musste notgedrungenermaßen auch Zeichen setzen.

Was tut man dann? Richtig. Man schnappt sich den besten Freund und fährt nach England. Und zwar 15 Stunden nonstop, abwechselnd. Nicht in den Süden wie gewohnt, sondern dorthin, wo der gemeine Mitteleuropäer bereits William Wallace, Kälte und Millionen von Schafen wähnt: Nämlich in die wunderbare Gegend der Yorkshire Dales, ums Eck vom Liverpool/Manchester-Konglomerat, next to Leeds, unweit von Scarborough, to be precise: nach York. Jene unfassbar hübsche Stadt, in deren tiefen Eingeweiden man das hübsch benannte Gässchen „whip-ma-whop-ma-gate“ findet.

Unweit davon gibt’s auch den besten Club Nordenglands, das „Fibber’s“. Und als wir damals in der Altstadt ziellos umherwanderten, war da dieses Kreide-beschriftete Schild vorm „Fibber’s“: „Tonight: Secret gig: The Electric Soft Parade“. Und weil wir uns beim Zwischenstopp am Weg gen Norden grad ihr Debüt-Album „Holes in the Wall“ gekauft hatten (um weiteren Musik-Streitereien im Auto zu entgehen), die CD sich als echtes Juwel erwiesen hatte und ohnehin alles wurscht war, fügten wir uns an diesem Abend im „Fibber’s“ ein.

Die Brüder White (Alex & Tom, so heißen die Masterminds von ESP) haben an diesem Tag das „Fibber’s“ vor etwa 100 Leuten bespielt, weil es der letzte Club-Gig, die Generalprobe werden sollte vorm nächsten Tag. Da war nämlich der erste große Festival-Auftritt geplant – „T in the Park“ in Schottland. Und mein Gott, haben die Jungs gerockt. Große Songs wie „Empy at the end“ oder „Silent to the dark“, die Grandioses vermuten haben lassen. Es war laut, es war verschwitzt, es war einfach nur gut. Danach waren wir mit ihnen herrlich trinken, Alex White hat 10 Sekunden nach Ende des Gigs mein frisch gekauftes pint (3 Pfund, heast!) in ebenso kurzer Zeit gefressen, nein, in den Rachen gestellt. Ich hab ihn nicht einmal schlucken sehen dabei.

Das war 2002.

Wir schreiben April 2008. Wien, Chelsea. The Electric Soft Parade haben das zweite Album – „The American Adventure“ (2003) – komplett in den Sand gesetzt. Großteils unschuldig, weil die damalige Plattenfirma (BMG) angesichts des Hypes des Debüts derart viel Geld in die Produktion reingebuttert hat (“2000 pounds a day, and we were recording for weeks” – O-Ton Alex White), dass das Brüderpaar – damals knapp 20 Jahre alt – hoffnungslos überfordert war. Der gutbösgutböse NME hat das Debüt zum „Debut of the Year“ gekürt, kurz darauf haben The Who (!!!) angefragt, ob man denn nicht für sie in der Royal Albert Hall (!!!!!) zu London als support act fungieren möchte. Was sich, wie heute im Interview erklärt, als kompletter Unsinn erwiesen hat: Roger Daltrey kam zwar vorbei, meinte aber nur: „You make it!“. Das war alles.

Das dritte Album – “No Need To Be Downhearted” – ist seit kurzem heraußen und ist im Prinzip die gequetschte Quintessenz der ersten beiden: Ein bissl Rock von „Holes in the wall“ und dazu die experimentelle Herumfitzlerei von „American Adventure“. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Dass sowas live nicht funktionieren kann, wollte ich im Interview anklingen lassen.

Jenes Interview bestand aus zwei Teilen: 15 Minuten vorm gig und eine grandiose Streiterei mit Alex White danach. Aber langsam…

Nun kann man davon ausgehen, dass der geneigte Schreiberling vorm Konzert noch halbwegs „objektiv“ ist (übrigens ein Unwort im Musikjournalismus, weil nicht möglich). Und die Band noch müde, weil grad Hunderte Kilometer gefahren und nix geschlafen und so. Das ist die klassische Interview-Situation, wo meistens nix G’scheites rauskommt bis auf Gespräche über das neue Album und anderlei gegenseitiges Streicheln.

Nach dem Konzert ist aber sowohl der Schreiberling als auch die Band mit Adrenalin (und dem einen oder anderen Bier) vollgepumpt, und da wird’s dann spannend. Und wenn man dann zusammentrifft, wird’s einen Deut schwieriger. In unserem Fall hab ich Alex White gesagt, dass der gig schlecht war, verglichen mit dem, was ich 2002 in York erleben durfte. Und er meinte, das Chelsea-Publikum war das beste bisher auf der Tour. Warum? „Because they were standing and listening“. Ich: „So you want your audience to stand and listen? I thought you were a R’n’R band.” Da wurde er das erste Mal sauer. Und hat erklärt, dass sich eine Band halt weiter entwickelt und all das. Worauf ich ihn an eine Interview-Frage vorm Konzert erinnert hab: „Q magazine said that you are “one of rock's best-kept secrets”. Nice, but that doesn’t fill your bank accounts, does it?”.

Bei aller Fairness muss man anführen, dass die Brüder White daneben noch einige Side-projects haben, teilweise auch im Hip-Hop-Bereich. Und es wohl wirklich schwierig ist, wenn man keine geschlossene Band hat (der aktuelle Tour-Drummer ist von den fabulösen „British Sea Power“ ausgeborgt). Und sich – trotz offenbarer Nähe zur Indiepop-Schublade – trotzdem nicht als „Rock“-Band deklarieren will. Das führt sich aber spätestens dann ad absurdum, wenn man – so wie heute – das ganze neue Album (auf das sie deswegen stolz sind, weil ohne Budget und nur zu zweit eingespielt) from start to end durchspielt und als Zugaben justament jene zwei Nummern kredenzt, die – siehe oben – anno 2002 im UK den – ÜBERRASCHUNG! - Durchbruch beschert haben. Und damit verantwortlich sind, warum man heute überhaupt da sein kann. Auch wenn’s nur das Wiener Chelsea ist.

Das ausführliche Interview erspar ich dem geneigten Leser (und der –In). Bloß die spannendsten Auszüge:

Was sie machen würden, wenn sie 24 Stunden eine Frau wären?

„Wank. And fondle my breasts.“

Ob sie Nick Cave schon mal im Pub getroffen haben? (ESP sind aus Brighton, Nick Cave wohnt seit einigen Jahren auch dort)

„We saw him pushing his wheelchair. No, just kidding. We went to the cinema and he was there with his son, some rows in front of me. Can`t remember the movie, though.”

Ob sie die genaue Stelle wissen, an der Phil Daniels mit der Vespa in „Quadrophenia“ von der Klippe gesprungen ist? (Anm: Die Klippe heißt „Beachy Head“, ist nahe Brighton, den exakten Klippen-Vorsprung weiß man aber bis heute nicht)

„We’ve been there, obviously. We think it’s slightly right from Beachy Head. Or West, if you wanna see it from the Atlantic. But it’s not Beachy Head exactly. Maybe 200 metres to the right if you come down from the pub.”

Das beste Pub in Brighton ist....

„Easy one. That’s the.... (auf Anfrage an die Redaktion. Soll ja ein Geheimtipp bleiben.)

Electric Soft Parade, 15. April 2008 (Chelsea, Wien)  

19.04.2008, 09:16 von Christoph Löger


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