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Max Cavalera im ASV Bildein-Trikot - das Picture On Festival 2007
14.08.2007
Was sich Jahr für Jahr in Bildein ereignet, ist so etwas wie ein kleines Märchen. Nicht nur an diesen zwei Tagen, Jahr für Jahr traditionell im August, kommt Leben in die 300 Seelen-Gemeinde. Auch sonst tut sich in Sachen (Jugend)kultur einiges in dem – in geographischer Hinsicht – grenzwertigen Dorf.
Aushängeschild der Kukuk-Initiative ist aber selbstverständlich das Picture On-Festival, nicht erst seit dem sensationellen Zuschauerinteresse in diesem Jahr (an beiden Tagen restlos ausverkauft) ein Fixpunkt in der heimischen Festival-Landschaft. Beschränkte finanzielle Schlagkraft wird mit anderen Mitteln wettgemacht – trotzdem ist es immer wieder aufs Neue phänomenal, wie man es schafft, solch hochkarätige Headliner ins Südburgenland zu locken. In alter Tradition dürfen sich auch die anderen Acts des Line-ups sehen und hören lassen.
Der Mann spielte vor hunderttausenden Fans in den größten Stadien und auf den bedeutendsten Festivals der Welt. Er kommt aus Brasilien und hat eigentlich längst alles erreicht, um (selbst)zufrieden in die Rolle des Produzenten, Teilzeitmusikers oder Vollzeit-Familienvaters zu schlüpfen. All das kommt für ihn aber nicht in Frage, denn Max Cavalera treibt sich selbst an, hat Musik im Blut und kann es einfach nicht lassen, ununterbrochen alle Kontinente zu beehren. Nebenbei gibt er sich, wie er selbst betont, stets große Mühe, für Vorbildrollen nicht in Frage zu kommen – dies wird ihm aber nicht gelingen, denn durch seine Errungenschaften hat er den Heldenstatus sicher. Mit Sepultura, im speziellen mit dem bahnbrechenden Album „Roots“, hatte er einst den Metal revolutioniert und wiederbelebt, seit zehn Jahren sorgt er mit Soulfly für konstante Unruhe. Zudem erfreut er regelmäßig durch erstaunlichste Collaborations (Sean Lennon, Corey Taylor, Dave Grohl etc.).
Niemand eignet sich besser, um bis kurz nach ein Uhr nachts für eine unruhige Nacht in einem kleinen Nest im pannonischen Raum zu sorgen. Nur zu schade, dass die alternde Bevölkerung scheinbar kein Problem mit ein bisschen Riot hat. Nichtsdestotrotz gaben sich Soulfly gewohnt kompromisslos. Zu schade nur, dass die World Music-Einflüsse, welche das Material der Gruppe so interessant machen, live praktisch gar keine Rolle mehr spielen – die traditionelle Trommeleinlage mit einem Fan und das vom Flamenco inspirierte Solo von Ausnahmekönner Marc Rizzo ausgenommen. Das letzte Album „Dark ages“ darf aufgrund der Rückkehr zu nahezu reinem Trash Metal als Rückschritt bezeichnet werden; somit waren auch diesmal die spärlich gesäten Songs vom selbstbetitelten Soulfly-Debütalbum aus dem Jahre 1998 Höhepunkte des Sets – insbesondere das nach wie vor wütende „Bleed“ aufgrund kräftiger Mithilfe des Cavalera-Nachwuchses; außerdem Zugabe „Eye for an eye“ (aufgrund des Anblicks von Max Cavalera im an das brasilianische Nationaltrikot erinnernde Shirt des ASV Bildein).
Stunden zuvor trafen wir einen gut aufgelegten, jedoch sehr heiseren Max Cavalera. Den ganzen Nachmittag den klimatisierten Tourbus nicht verlassend erkundigte sich der Band-Mastermind nach dem Wetter draußen und den allgemeinen Rahmenbedingungen. Dass er heute in einer vergleichsweise eher kleinen Lokalität gastierte, war ihm durchaus bewusst; dass dies die Möglichkeit mit sich bringe, viele alte Leute in der Ortschaft vom Schlafen abzuhalten, trieb Cavalera, der es sich im ärmellosen „Clockwork Orange“-Shirt auf der im hinteren Ende des Stockbusses befindlichen Sitzecke gemütlich machte, ein wirklich fieses Grinsen ins Gesicht.
Im lockeren Gespräch erzählt Cavalera, wie es sich eigentlich dazu kam, dass er zu „singen“ begann. Außerdem verrät er, wen er als Kind bewunderte – und natürlich nimmt er auch zu den nicht abnehmenden Gerüchten um eine mögliche Sepultura-Reunion Stellung.
PICTURE ON, 10. August - 11. August 2007 (Bildein)
14.08.2007, 20:19 von T. Hochwarter