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Dirndl, Blech & Vollgas in Ort im Innkreis - So klang das Woodstock der Blasmusik 2024
02.07.2024
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Woodstock der Blasmusik 2024: 4 Tage, 8 Bühnen, 150 „Bands“, 100.000 Festivalgäste und mehr als 1.500 Künstler:innen aus 11 Ländern - und das Innviertel stand kopf! Aber anstatt brauner Matsch und langen Festival-Warten-Schlangen gab’s hier, nach dem Motto „Love, Peace & Blasmusik“, ein Wochenende voller blubbernder Tuba-Töne, flatternder Notenblätter und mehr Posaunen als beim jährlichen „Blechbläser-Weltrekordversuch“.
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Gute Laune und geile Tracht war das ganze Wochenende angesagt. Fotos: M. Tanki
Ganz untypisch – und zugegeben auch mehr gezwungen, haben wir uns also in Lederhose und Trachtenhemd geschmissen und uns auf den Weg gemacht. Die Gegend kennt man bestens, wenn jemand gerne „Bauer sucht Frau“ schaut, denn hier gibt es mehr Single-Landwirte als Kühe, Schweine und Pferde zusammen. Warum man die Festivalgäste schon einige Autobahnausfahrten früher abgeleitet hat, wo dieses doch noch laut Google fast 27 Kilometer entfernt war, hat vorerst für Verwunderung gesorgt. Die Navi-Stimme klang jedenfalls genervt. Und schon kurvt man im ersten Kreisverkehr ein paar Runden und sieht kein Festivalschild, das einem sagen könnte, wo es weitergeht, landet stattdessen am steilsten Marktplatz Österreichs, in Haag am Hausruck. Lustigerweise trifft man gerade dort einige Nachbarn aus der Heimat, die sich in der dortigen Frühstückspension einquartiert hatten und ebenfalls das Woodstock besuchen. Das wars dann auch schon mit der Weiterfahrt, denn das gehört schon mal gefeiert! Urige Wirtshäuser gibt es im Dorf genug.
Schon mal hier gelandet, nutzt man die Gunst der Stunde, um ein bisschen mitgebrachten, dank EU jetzt liebevoll genannten "Obstwein" (vormals: Rabiatperle, Heckenklescher, Haustrunk), kurz gesagt ein Kofferraum voll mit Uhudler-Flaschen, im paar Minuten entfernten Geboltskirchen bei Bekannten abzuliefern. Die Überraschung gelingt, und die Freude über das spontane Geschenk (Getränk) und dem Besuch ist riesengroß.
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Blasmusik im XXL-Format – 100.000 feierten vier Tage lang beim Woodstock
Irgendwann muß man aber doch beim Festival ankommen und um einige Fragen zu beantworten, wurde uns bei Abholung unserer Akkreditierung gesagt, der Grund für die Ableitung auf der A8 war die lange Baustelle, wo man dem Stau entgegenwirken wollte. Logisch. Und um die Frage zu beantworten, was gerade wir hier auf dem Festival suchen, ist hier die Antwort.
The BossHoss: Weil Blasmusik mehr ist als nur Tradition
So wie unsere Fans sich wundern, warum wir auf ein Blasmusikfestival fahren, wunderten sich wohl viele Woodstock-Gäste, warum man diese Band dorthin geholt hat. Also jetzt mal Hand aufs Herz – was haben "The BossHoss" auf dem Woodstock der Blasmusik zu suchen? Klar, sie spielen Rock und Country und klingen nach Cowboy-Hüten und Staubwüsten, aber Blasmusik? Nun, hier ist der Haken: Blasmusik ist mehr als nur die üblichen alten Volkslieder. Sie lebt von Energie, von der Leidenschaft, die in jedem Ton, jeder Melodie steckt. „The BossHoss“ haben das verstanden – ihre Mischung aus Rock, Pop und Bläser-Sound hat die Blechmusik auf ein neues Level gehoben, und genau das war der Grund, warum sie hierher eingeladen wurden: Sie bringen den Spirit der Blasmusik in die Moderne. Und mal ehrlich – was ist cooler als eine Rockband, die mit einer fette Bläser-Sektion daherkommt? Genau – nichts!
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The BossHoss waren Headliner am Woodstock der Blasmusik in Oberösterreich
Doch The BossHoss waren nur ein Highlight in einem Festival, das in seiner eigenen Liga spielt. 100.000 feiernde Menschen, die zu Polkas, Märschen und modernen Brass-Sounds ausflippen, Massen, die mit voller Inbrunst „Böhmischer Traum“ grölen, wo 20.000 Musikanten ein Gesamtspiel zelebrieren, einfach gesagt: Ein Münchner Oktoberfest kann einpacken!
Was als spontane Schnapsidee begann, endete in einem Festival-Wochenende, das wir so schnell nicht vergessen werden. Zwischen trötenden Posaunen, scheppernden Tubas und einem Hauch von Rock `n` Roll haben wir gelernt: Blasmusik kann Party, Blasmusik kann laut, und Blasmusik kann verdammt nochmal Spaß machen!
Ob wir wiederkommen? Sagen wir mal so – die Lederhose bleibt sicherheitshalber griffbereit. Ort im Innkreis, wir sehen uns wieder!
02.07.2024, 19:20 von M. Tanki