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„Wir sind keine Rockstars – wir sind “arbeitende Musiker”. Chapel Club im Interview
05.04.2011
Der Traum jeder Band: Gründung, ein paar Songs aufnehmen und sofort groß raus kommen. Für die britische Band Chapel Club ist dieser Traum in Erfüllung gegangen. Innerhalb kürzester Zeit wurden sie von den englischen Medien als „the next big thing in music biz“ gefeiert und ihr Debutalbum „Palace“ brachte viele Musikkritiker zum Schwärmen. Die jungen Herren aus London sind derzeit auf Tour, um auch noch den Rest Europas zu überzeugen.

Britishrock.cc hat Sänger Lewis und Gitarrist Michael (hier im Bild mit Drummer Rich) zum Interview gebeten, wo es unter anderem ums Furzen im Tour Van, Stalker vor dem Haus und um den schlechten Ruf von Lewis ging.

Schön, dass ihr heute hier seid. Wie läuft die Tour bisher?
Lewis: Die Tour war eigentlich ganz gut, bisher oder? (schaut fragend zu Michael). Das klingt ja sehr selbstgewusst, wenn ich ihn das jetzt frage. (lacht) Nein im Erst, die Tour läuft gut, begonnen haben wir in Belgien und Holland und die Shows dort waren ausverkauft, ein guter Start also. Und die weiteren Gigs waren auch sehr gut. Wir müssen halt sehr lange herumfahren.
Michael: Ja, wir sind heute um halb 8 in der Früh von München weggefahren und heute nach dem Konzert geht es direkt weiter nach Graz. Und darauf folgt eine 8 Stunden Fahrt nach Mailand. Sehr viele Stunden im Van also.

Gibt es bei so langen Strecken bestimmte Regeln, die im Tour Van gelten?
Lewis: Eigentlich nicht, jeder von uns ist sehr artig, deshalb haben wir nie welche aufstellen müssen.
Michale: Man muss ja auch bedenken, dass der Van so klein ist, dass man nicht wirklich Blödsinn machen KANN. Also so lange keiner furzt, ist alles okay.
Lewis: Ich kann nicht glauben, dass du das gerade gesagt hast.
Michael: Ich hab den Fehler in einem Interview schon mal gemacht, ich hab keine Ahnung warum ich das trotzdem immer wieder sage. Das solltest du lieber aus dem Interview rausnehmen (lacht).

Seid ihr gern auf Tour?
Lewis: Ich mag Teile davon. Ich bin zum Beispiel gern mit den Jungs unterwegs (umarmt Michael).
Michael: Es ist sehr schön, neue Städte zu sehen und jeden Tag neue Shows zu erleben.
Lewis: Stimmt. Das lange Fahren zwingt dich aber, dich nur von Tankstellenessen zu ernähren, was auf die Dauer nicht sehr gesund ist. Aber ja, alles andere ist super.

In den englischen Medien werdet ihr ja derzeit in den höchsten Tönen gelobt. Wie war es für euch, so schnell so bekannt zu werden?
Lewis: Ach, wir sind gar nicht so bekannt. In England werden mehrere Bands gehypt und über andere wird viel mehr gesprochen als über uns. Was aber gar nicht so schlecht ist. Gehypt zu werden kann hilfreich aber manchmal auch dekonstruktiv sein. Auf der Straße werden wir bisher auch nur in den seltensten Fällen erkannt, am ehesten in London, wo man uns besser kennt.

Also gab es bisher auch noch keine interessanten Fan-Erlebnisse?
Lewis: Naja, bei den Konzerten gibt es schon viele Fans. Die meisten sind sehr nett und ein paar Spinner haben wir natürlich auch schon getroffen. Aber bisher gab es nichts Beängstigendes.
Michael: Fans können dich heute auf ganz neue Art und Weise „stalken“. Also haben wir da schon welche, die uns online verfolgen, zu vielen Konzerten kommen und manchmal sogar bei uns zuhause auftauchen.
Lewis: Wir unterhalten uns zwar gerne mit den Leuten aber man würde sie nicht auf Facebook adden, denn man kennt sie ja nicht. Dort will man ja nur mit seinen „echten Freunden“ kommunizieren, die man auch wirklich kennt. Aber manche Mitglieder der Band added wahllos Leute und dadurch sind wir anderen die Bösen, wenn wir es nicht tun. Dadurch haben wir ein paar Stalker, die es geschafft haben, „hinein“ zu kommen.

Ihr habt also schon Stalker? Ein gutes Zeichen, oder?
(Beide lachen)
Lewis: Auch unsere Stalker sind freundliche Stalker. Zumindest glaube ich das. Eines Tages wache ich vielleicht geknebelt und gefesselt im Auto von jemand auf und werde diese Annahme bereuen. (lacht)

Wie sieht es mit Groupies aus?
Michael: Phu, ich hab keine Ahnung.
Lewis: Wir haben fast alle Freundinnen, also eher nicht. Wir sind, glaube ich, ja auch keine Party Band, deshalb haben wir weniger kreischende Mädchen bei unseren Konzerten als andre Bands. Wenn welche zu uns kommen, dann gehen sie meistens sowieso davon aus, dass wir aufrichtige, junge Männer sind, die keinen Blödsinn anstellen. Was wir ja auch sind (grinst).

Also seid ihr nette Rockstars?
Lewis: Ich hoffe, dass wir nett sind. Wir versuchen es jedenfalls.
Michael: Ich würde uns nicht als Rockstars bezeichnen.
Lewis: Ja, ich eigentlich auch nicht. Manchmal denke ich mir als Frontman, dass ich launischer sein sollte, um dem Klischee eines Rockstars gerecht zu werden. Aber das kann ich nicht.
Michael: Ich glaube wenn du dich daran erinnern musst, solltest du es lieber gleich lassen. Lewis: Ich hatte aber lustigerweiße den Ruf, dass ich eben launisch, aggressiv und arrogant bin, weil ich auf der Bühne meistens nicht spreche. Das mache ich aber nur, weil mir meist nichts einfällt, worüber ich sprechen könnte. Aber jetzt bemühe ich mich, mehr zu sprechen und netter zu sein.

Wenn schon nicht als Rockstars, als was würdet ihr euch dann bezeichnen?
Lewis: Als „arbeitende Musiker“.
Michael: Oder als Versager. (lacht)
Lewis: Ich würde uns als „Band“ bezeichnen. Das ist okay. Aber definitiv nicht als Rockstars.

Wie geht ihr mit der plötzlichen Aufmerksamkeit um?
Michael: So viel Aufmerksamkeit bekommen wir gar nicht. (lacht) Nein, es ist einfach schon Teil des Jobs geworden.
Lewis: Ich habe bei bisherigen Interviews oft Dinge gesagt, die als peinlich oder schändlich angesehen wurden, was mir damals den Ruf eingebracht hat, dass ich ein Idiot sei. Das bin ich zwar auch ein bisschen, aber so was geht mir dann schon nahe und ich denke darüber nach. Ich bin also viel weniger cool, als ich am Anfang gedacht habe. Ich dachte mir „Ich bin selbstbewusst, mich kann niemand verunsichern“. Aber schon jetzt denke ich mir „Was denkst du über mich? Warum hasst du mich so?“ (lacht) Aber das ist okay.

Und du bist angeblich ja launisch und aggressiv.
(lacht) Ja, scheinbar. Aber schau mich an, ich bin zu klein, um aggressiv zu sein.

Welche Schlagzeile würdet ihr gern über Chapel Club lesen?
Lewis: Uuh, lass uns was erfinden. Alles, was mir dazu jetzt spontan einfällt, sind verdorbene sexuelle Dinge. Die wären am unterhaltsamsten. (lacht)
Michael: Oder das ein Mitglied der Band einen grauenhaften Celebrity datet.

Was macht eure Musik zu etwas Besonderem?
Lewis: Aha, da schwingt die Annahme mit, dass unsere Musik überhaupt etwas Besonderes ist (lacht). Ich finde, dass unsere Musik nicht schlecht ist, ich finde aber auch nicht, dass alles daran gut ist. Aber wenn sie „at its best“ ist, dann ist das Beste dran, dass sie (hoffentlich) einen emotionalen Effekt hat. Und man merkt (hoffentlich), dass wir nicht nur zufällig über etwas Gutes gestolpert sind, sondern uns wirklich über das, was wir machen, Gedanken machen. Das Schöne ist auch, dass sich viele Menschen in den Texten wiederfinden. Ich sage aber nicht, dass diese Vorteile auch immer zum Vorschein kommen (lacht).

Welche Frage würdet ihr gern mal von einem Journalisten gestellt bekommen?
Lewis: Ehrlich gesagt würde ich gern mal ganz offen und ehrlich über die Songs und die Texte sprechen. Über Dinge wie „wie ist dieser Song entstanden“ oder „was hat es mit diesem Text auf sich“. Aber niemand hat heutzutage mehr die Zeit für so was und kaum einen Leser wird das interessieren.

Dann erzähl mir etwas über einen interessanten Song.
Lewis: Wir haben eigentlich keine interessanten Songs, oder?
Michael: Nein, nicht wirklich. Vielleicht ist das das Problem. (Beide lachen)
Lewis: Ich habe jetzt keine Geschichte, die nur darauf wartet, erzählt zu werden. Es wäre nur mal nett, mit jemanden darüber ausführlicher zu plaudern.

Als ihr das erste Mal in Wien gespielt habt, wart ihr die Vorband von Two Door Cinemar Club. Wie war die Tour mit dieser Band für euch?
Lewis: Toll. Ca. 80% des Publikums bestand aus kreischenden Teenager Mädels und die haben auch für uns geschrien, obwohl sie uns nicht kannten und unsere Musik wohl auch nicht so toll fanden. Die unterscheidet sich ja ganz deutlich von der von TDCC. Das war sehr witzig. Wir haben uns gefühlt, als wären wir in einer Boy Band. Sehr amüsant.

Lewis hat damals on stage vor „All the Eastern Girls“ gemeint: „Wien ist der bisher östlichste Ort, an dem wir je gespielt haben, das Lied ist also für euch“.
Lewis: Ja, jetzt wo du es sagst erinnere ich mich wieder. Ich sage echt schleimige Dinge on stage (lacht). Aber stimmt, Wien ist soweit ich weiß bisher immer noch der östlichste Punkt, an dem wir gespielt haben. Aber im Sommer spielen wir auf einem Festival in der Türkei, da müsst ihr dann eure Krone abgeben.

Ich fühle mich betrogen.
Lewis: (lacht) Tut mir sehr leid.

Was sind eure Pläne für die Zukunft?
Michael: Diese Tour werden wir in Paris beenden und im Sommer werden wir eben auf ein paar Festivals spielen. Außerdem werden wir dann vielleicht auch schon beginnen, das nächste Album aufzunehmen.
Lewis: Stimmt. Aber da haben wir keinen Stress. Wir schauen einfach mal, wie wir mit dem Schreiben vorankommen. Und vielleicht werden wir endlich mal wieder etwas Zeit in London verbringen können.
 

Chapel Club Interview: Christina Traar, 5.4.2011, Flex Wien


05.04.2011, 11:10 von M. Tanki


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