Reviews
Interviews
Anajo im britishrock-Interview
28.11.2006
Ohne die zuckersüßen Melodien und verspielten Texte von Anajo ist ein Sommer nicht komplett. Und da die letzten Veröffentlichungen des Augsburger Trios doch schon eine Weile zurückliegen, war es höchste Zeit für neues Material. Gut, dass die Band vor kurzem „Hallo, wer kennt hier eigentlich wen?“ auf den Markt gebracht hat.
Bis sich unter anderem beim Wiener Donauinselfest die Gelegenheit ergibt, einen perfekten Tag mit der Live-Darbietung ihrer Lieder ausklingen zu lassen, kann man sich die Zeit die Zeit damit vertreiben, die Antworten von Sänger Oliver Gottwalds im Britishrock.cc-Interview durchzulesen – immer und immer wieder, bis es endlich heißt: „Einmal noch schlafen, und dann geht es los!“
Warum wurde der Release-Termin von „Hallo, wer kennt hier eigentlich wen?“ so lange verschoben (mit dem Kommentar „nach der Fußball-WM“)?
Nein, mit der Fußball-WM hat das nix zu tun. Wir wollten einfach ein Album machen, hinter dem wir voll und ganz stehen. Das hat leider ein bisschen länger gedauert als wir dachten.
Gibt es einen Song vom neuen Album, der dir aus welchem Grund auch immer besonders am Herzen liegt?
Einige! Aber wenn du mich speziell nach einem Stück fragst, würde ich sagen: „Spätsommersonne“. Das ist ein sehr persönlicher Text, mit dem ich viel verbinde – im Guten wie im Schlechten.
„Lieber Musikfan! Egal, was sie über uns denken; vielleicht kennen sie uns ja noch gar nicht. Ich möchte sie aufrichtig bitten: Geben sie uns eine Chance und hören sie sich nur „_______________“, dieses eine unserer Lieder an. Danke!“ Was würdest du hier einsetzen?
„Vorhang auf“.
Wann sind die Songs des neuen Albums entstanden? Ihr habt manches davon ja schon längere Zeit davor live gespielt sowie auf eurer MySpace-Seite präsentiert.
Stimmt. Trotzdem hat dieses Album eine ganz andere Entstehungsgeschichte als das erste. Bei „Nah bei mir“ konnten wir uns frei aus den vorangegangenen Demos bedienen und fertig war das Album. Für „Hallo, wer kennt hier eigentlich wen?“ mussten wir mehr oder weniger alle Songs in einem relativ kurzen Zeitraum von etwa einem Jahr komponieren. Das war eine völlig neue Arbeitsweise für uns, was wir jedoch als reizvolle Herausforderung angesehen haben.
Habt bzw. hattet ihr Bedenken, den Charme des Vorgänger-Albums und der EPs bzw. Demos nicht reproduzieren zu können?
Natürlich haben wir uns diesbezüglich Gedanken gemacht, Gott sei Dank aber nicht zu viele! Je mehr man zu denken beginnt, desto weniger intuitiv und spontan werden die Songs. Diese Eigenschaften sind uns aber enorm wichtig. Ich glaube, alles in allem ist uns das gut gelungen und die neuen Songs sind mindestens genauso charmant wie die alten. Letzten Endes müssen das jedoch die Hörer entscheiden.
Schwingen im Song „Amsterdam-Mann“ homoerotische Anspielungen mit?
Ach, das spielt doch überhaupt keine Rolle. „Amsterdam-Mann“ ist ein ehrliches Lied und meiner Meinung nach universell gültig. Und das merken wir auch auf den Konzerten. Sowohl Mädels als auch Jungs (und davon haben wahrscheinlich die wenigsten homoerotische Gefühle) singen den Song lautstark mit.
Wie geht es Ingolf nach sein seinem Hörsturz?
Zum Glück wieder uneingeschränkt gut!
Wie denkt ihr im Nachhinein über die Teilnahme an Bundesvision Song Contest?
Wir würden dort jederzeit wieder mitmachen. Egal, was man von Stefan Raab und seinem Humor hält – mit dem Bundesvision Songconstest gibt er Bands wie uns die Möglichkeit, im Fernsehen vorzukommen. Wo findet denn sonst im TV überhaupt noch Musik statt? Ok, ihr in Österreich habt goTV, aber das deutsche Musikfersehen hat ja praktisch aufgehört zu existieren.
Was hat sich dadurch für euch geändert bzw. ergeben?
Auf jeden Fall waren unsere Eltern mächtig stolz – aber im Ernst: Natürlich sind wir dadurch etwas bekannter geworden, aber man darf das ganze auch nicht überbewerten. Die meisten Leute erreichen wir immer noch auf unseren Live-Konzerten.
Überlegt ihr euch für eure Auftritte immer spezielle Einlagen oder ähnliches, um eventuell interessanter zu sein?
Man sollte immer etwas Besonderes mit im Gepäck haben, sonst wird’s ja irgendwann langweilig. Meistens passiert das aber spontan am Abend.
Wie sehr beschäftigen euch Kritiken? Was war in letzter Zeit die größte Überraschung diesbezüglich im positiven Sinn; was hat euch am meisten enttäuscht?
Ich nehme mir das manchmal leider etwas zu viel zu Herzen. Da sollte man eigentlich drüber stehen, das ist aber leichter gesagt als getan. Im Prinzip können wir uns aber nicht beschweren, fast alle Rezensionen waren positiv. Die größte Überraschung war vielleicht die Kritik im Rolling Stone. Ein totaler Verriss, aber irgendwie geil formuliert: „Anajo klingen wie Weezer mit Süßstoff...“. Sollten wir in die offizielle Bandinfo schreiben.
Wo holt ihr euch Feedback über euer Werk, wenn ihr euch nicht ganz sicher seid oder es noch im Entstehungsprozess ist?
In erster Linie bei unserem „vierten Bandmitglied“, Produzent und Manager Alaska Winter.
Um bei diesem Thema zu bleiben: Recht häufig wird euch vorgeworfen, eure Texte seien simpel und etwas primitiv – stört euch das? Stimmt ihr dem vielleicht sogar zu?
Die Texte sind manchmal simpel, das stimmt, deswegen sind sie noch lange nicht primitiv. Ich finde, wenn man erstmal ein Germanistikstudium absolviert haben muss, um Songtexte zu verstehen, läuft irgendwas verkehrt.
Möchtet ihr mit euren Songs gewisse Statements setzen, geht es eher um die Verarbeitung von Persönlichem oder letztendlich nur um witzige Storys und den Spaß an der Sache?
Es geht bei uns weniger um Statements, was aber nicht heißt, dass es keine gibt. Man muss allerdings schon zwischen den Zeilen lesen.
Die Songs von „Nah bei mir“ wurden mittlerweile ja schon zigmal live gespielt. Nerven manche Songs schon? Wenn ja, welche besonders und warum?
Diejenigen, die uns nerven, spielen wir nicht mehr. Ihr werdet aber feststellen, dass das – wenn es überhaupt welche gibt – extrem wenige sind.
Drei Auftritte, die euch noch lange in besonders schöner Erinnerung bleiben werden; und einer, den ihr am liebsten vergessen würdet (mit kurzen Begründungen bitte)…
Extrem schön:
- Odessa (Ukraine): 300 begeisterte, nicht deutsch sprechende Zuschauer.
- St. Martin (Südtirol): ein Dorffest, auf dem wir völlig deplatziert waren, aber saulustig.
- München / Backstage: unser bisher größtes Publikum.
Am liebsten vergessen:
- Stuttgart / Eröffnungsfeier der Popakademie Baden-Württemberg: ich weiß nicht, was uns da geritten hat.
Stimmt die Geschichte über den Ursprung eures Bandnamens, wie man sie auf Wikipedia vorfindet? Warum eigentlich nicht ein bisschen ein Geheimnis darum machen und zu jeder Gelegenheit etwas anderes erzählen – oder sich dazu in Schweigen hüllen?
Man kann diese Geschichte glauben oder nicht, das überlassen wir jedem selbst.
Gibt es so etwas wie typische Marotten, mit denen ihr euch auf Tour manchmal gegenseitig in den Wahnsinn treibt?
Ingolfs ruckhafter Fahrstil!
Wie stressig wird dieser Sommer für euch?
Ich glaube, der Sommer wird eher entspannt. Gemütlich auf Festivals spielen, die Atmosphäre genießen und neue Songs andenken. Das ist kein Stress, jedenfalls kein negativer!
28.11.2006, 16:48 von T. Hochwarter