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Crowdsurfing not expected. Das Lovely Days Festival 2007
10.07.2007
Das Lovely Days geriet heuer zu einem „lovely day”. Entgegen negativerer Einschätzungen war der Besucherzustrom trotz alles in allem eher mäßigen Line-ups ansprechend. Im ausgelegten Flyer war über die Veranstalung des Vorjahres zu lesen: „…und Festivalbesucher, die aufeinander Rücksicht nahmen und einfach eine gute Zeit verbringen wollten.“

Dies sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, oder? Ist dies denn etwa bei beispielsweise Nova Rock oder Frequency nicht der Fall?

Nachdem man dem Regen getrotzt hat und bevor es endlich zum mit Spannung erwarteten Auftritt von Riders on the storm kam, boten Uriah Heep soliden Classic Rock mit Prog-Elementen und an Smokie und andere Kollegen erinnernde Singalongs. Dazu gab es durchaus ansprechende, jedoch durchwegs routiniert heruntergespulte Instrumental-Intermezzi und Soli. Musikalisch durchaus akzeptabel und unterhaltsam, war mehr Toleranz gefragt, was die Optik betraf: Die Veteranen von Uriah Heep sehen nämlich nicht aus wie alte Männer, sondern eher wie alte Frauen. Und daran waren nicht nur die weiten Hemden und engen, grellen Hippie-Hosen schuld.

Danach kam so richtig Bewegung in die Mengen vor der Bühne: viele jüngere Besucher drängten nach vorne, um sich die besten Plätze für den Auftritt von Ray Manzarek und Bobby Krieger zu sichern. Nichts leichter als das, gab es doch keinen durch einen Wellenbrecher abgetrennten Frontbereich. Auch sonst ging es wie erwartet durchwegs gemütlich zu – konnte die überwiegende Mehrheit des Publikums doch wie erwartet mit einem Satz beschrieben werden: Die Eltern inspizierten schon einmal das Festivalgelände, bevor es am Wochenende darauf so richtig rundgeht und sich die Kinder beim Nuke austoben.

Liebenswürdig, jedoch immer ein wenig aus dem Takt, schunkelten sich Alt-68er, Junggebliebene und „Ewig Gestrige“ (in einem positiven Kontext) durch den kühlen Freitag Abend. Mehr oder minder illegale Substanzen lagen aber auch an diesem Abend in der St. Pöltener Luft – und davon gar nicht wenig.

Um etwa 23 Uhr waren die Gespräche vor der Powerstage von niedlichen Diskussion wie „Cobain oder Morrison – wer ist die größere Legende?“ geprägt.

Das renommierte englische Musikmagazin „Uncut“ ließ vor kurzem kein gutes Haar an der Reunion von Manzarek und Krieger – Riders on the storm schnitten im Test der Comebacks ganz schlecht ab. Alles Nebensächlichkeiten, fest stand eines: Den alten Zauber von damals kann man nicht wieder beleben, man sollte es auch nicht verkrampft versuchen. Die viel zu kurze kreative Schaffenszeit der Doors mit ihrem Poeten Jim Morrison, Überfigur aller charismatischen Frontmänner – unberechenbar, alles um sich herum in seinen Bann ziehend, und vor allem: gnadenlos selbstzerstörerisch handelnd – steht für sich und lässt sich mit nichts vergleichen.

Manzarek und Krieger, bekanntermaßen Ausnahmekönner an ihren Instrumenten garantieren für stimmige Unterhaltung – ihre Darbietungen wurden auch den höchsten Erwartungen gerecht. Man konnte sich den altbekannten Melodien vollkommen hingeben und eintauchen, wie man es vielleicht schon vor Jahrzehnten tat. Nichts ist jedoch perfekt und überall findet man einen Makel, wenn man nur genau sucht – dies war hier jedoch nicht erforderlich, der Fehler in Bild und Ton offensichtlich.

Dass sich kein Sänger dieser Welt anmaßen sollte, Morrison nachzuahmen oder gar gleichzukommen, versteht sich von selbst. Über diese „Rahmenbedingungen“ schien man sich einig, somit stand einem netten Abend eigentlich nichts im Wege. Aufgrund der spärlichen Informationen im Vorfeld rechnete alles mit The Cult-Mastermind Ian Astbury – das, was einem an diesem Abend an den Vocals vorgesetzt wurde, war nicht nur Beschmutzung des Mythos der Doors, sondern eine Beleidigung für jeden ambitionierten Sänger dieser Welt.

Was ist schlimmer als ein Sänger, der ganz einfach schlecht singt? Ein Sänger, der sich nicht bewegen kann, uncharismatisch agiert und in Tonlagen agieren muss, die ihm scheinbar trotz aller Mängel am allerwenigsten liegen. Mehr als diese kurze Abhandlung dieses Trauerspiels wäre unangebracht.

Überflüssig zu erwähnen, dass trotz Inszenierung von Dave Manzarek Applaus für den Mann in der Mitte nahezu ausblieb. Dumpfe Anti-Bush-Slogans und der Aufruf zu einem mühseligen Sprechchor könnte man eigentlich als weiteres Indiz dafür verwenden, dass Manzareks Projekt nicht sonderlich ambitioniert ist. Zu groß ist jedoch die Strahlkraft der von ihm geschaffenen Melodien, die für die Ewigkeit funkeln werden; an diesem Abend wurden sie ganz einfach zauberhaft zelebriert. Auch Robby Krieger zeigte sich in hervorragender Verfassung. Die unvermeidlichen Vergleiche mit Keith Richards, welche in vielerlei Hinsicht angebracht sind, werden ihn nicht vergrämen.

Furios der Start: „Love me two times“, „Break on through“ und „Peace frog“ gleich zu Beginn sorgten für helle Begeisterung. In weiterer Folge wurden wie erwartet nahezu kein namhafter Song ausgelassen (ausgerechnet „Riders on the storm“ fehlte jedoch – vermutlich aufgrund des engen zeitlichen Korsetts, da die Setlist den Epos „The end“ beinhaltete). Herausragend dabei die schwungvolle Interpretation von „Strange days“.

Es war deutlich zu merken, wie sehr sich die beiden alten Freunde nach wie vor an ihrer Kunst erfreuen. Und so kam es, dass man sich entschied, anstatt für eine längere Zeitspanne von der Bühne zu wandern und sich für eine Zugabe erneut heraufzubitten, gleich weiterzurocken. Um exakt 1 Uhr war dann die Zeit des Abschieds gekommen, und so konnte wahrscheinlich gerade noch ein unangenehmes Nachspiel (Missachtung polizeilicher Auflagen – Vorwurf der Ruhestörung in den Wohnsiedlungen in unmittelbarer Nähe des Geländes) verhindert werden.

LOVELY DAYS, 06. Juli 2007 (St. Pölten, VAZ Gelände)  

10.07.2007, 10:07 von T. Hochwarter


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